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1. Bd. 2 - S. 376

1854 - Leipzig : Engelmann
376 Die französische Revolution. stützung zur Empörung steigerte. Im Vertrauen auf diese Hülfe griffen die durch die harte Verwaltung und das strenge Gerichtsverfahren der Engländer in Ver- 1798 zweiflung gesetzten Irländer zu den Waffen, konnten aber, trotz der Hülfelcistung des tapfern Generals Humbert, der überlegenen Kriegsmacht Englands und der Kriegskunst des Feldherrn Cornwallis nicht widerstehen. Nach einem blutigen Bürgerkrieg wurde der Aufstand unterdrückt, Humbert, der nur eine ge- August. ringe Mannschaft bei sich hatte, zur Capitulation genöthigt und dann das ganze Land unter strenges Kriegsrecht gestellt. Wolf Toun, ein geistvoller politischer Schriftsteller und Haupturheber des französischen Bündnisses, starb durch kriegs- richterlichen Spruch. Nappertandy, sein Gesinnungsgenosse, entkam nach Hamburg, wurde aber spater von dem dortigen Senat ausgeliefert. Die Ver- Í800. einigung Irlands mit England in Verwaltung und Gesetzgebung war Rußland, dje letzte Maßregel zur Unterwerfung des unruhigen Landes. — In Rußland herrschte seit 1796 Katharina's einziger Sohn, der menschenfeindliche, argwöh- nische Paul, ein Fürst von etwas zerrüttetem Geiste, der gegen die das göttliche Recht der Selbstherrschaft gefährdenden Grundsätze der Revolution den größten Haß hegte und in seinem Eifer für das Alte so weit ging, daß er, gleich der Kö- nigin Karoline von Neapel, die neumodischen Trachten, als Erzeugnisse der Re- volution, strenge verbot. Als großer Verehrer des Malteserordens, zu dessen Großmeister er sich ernennen ließ, obwohl er einer andern Kirche angehörte, sah er in der Wegnahme Malta's durch Napoleon einen hinreichenden Grund Türkei, zum Krieg. Selbst der Sultan schloß sich der Coalition an, als die kühnen Republikaner das türkische Reich von Aegypten und Syrien aus bedrohten. Nur Preußen, wo am 16. Nov. 1797 der mit allen häuslichen Tugenden und mit ächter Frömmigkeit geschmückte Friedrich Wilhelm Hi. den Thron bestiegen, und mit seiner schönen und tugendhaften Gemahlin Luise ein gemüthliches Leben in Liebe und Eintracht zu führen wünschte, hielt sich neutral. Die be- schränkte Erziehung seiner Jugend hatte dem von Natur gesunden Geiste des Königs nicht die volle Stärke verliehen und eine aus unbedeutenden, am Klein- lichen und Herkömmlichen haftenden Männern bestehende Umgebung, wie Ge- neral v. Köckeritz und Kabinetsrath Bey me, hielt ihn von jedem kräftigen Handeln zurück. Die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten blieb nach wie vor Männern ohne Vaterlandsliebe, Ehrgefühl und Eharakterstärke überlassen, dem sittenlosen Haugwitz und dem leichtfertigen, genußsüchtigen Lombard. Ge- neral von Zastrow leitete das Kriegswesen nach altem Schlendrian. 24 3 Die Wegnahme von Ehrenbreitstein, dessen Besatzung mitten im i7w. Frieden von den Franzosen durch Hunger zur Uebergabe gezwungen ward, eröffnete den neuen blutigen Krieg, der indessen bald eine für Frankreich ungünstige Wendung nahm. In Deutschland wurde Jourdan von Erz- 25.März.herzog Karl bei Stockach geschlagen und zum Rückzug über den Rhein genöthigt. Dies bewog die französischen Gesandten (Roberjot, Bonnier und Jean Debry), die bisher in Rastatt das Friedensgefchäft geleitet und durch Trotz und Uebermuth sich allgemein verhaßt gemacht hatten, sich Pässe zur Rückreise geben zu lassen. Aber kaum hatten sie bei Anbruch der Nacht 28.April, die Dtadt verlassen, als sie wider alles Völkerrechtvon Szeklerhusaren ange- fallen, ihrer Papiere beraubt, und so mißhandelt wurden, daß zwei sogleich starben und der schwer verwundete Jean Debry sich nur dadurch rettete,

2. Bd. 2 - S. 424

1854 - Leipzig : Engelmann
424 7. Sept. 1812. 15. Sept. I«. flg- Napoleon Bonaparte^s Machtherrschaft. Der Sieger fand am andern Morgen eine mit Blut getränkte und mit Lei- chen bedeckte Brandstätte. In Smolensk wurde Kriegsrath gehalten; aber so viele Stimmen sich auch gegen die Fortsetzung des unheilverkündenden Zuges erklärten, Napoleon bestand auf der Eroberung von Moskau, wo er zu überwintern und Alexander zu einem Frieden zu zwingen gedachte, und überschritt den Dnepr. Die Russen murrten über Barclays Kriegsführung, wie einst die Römer über das Zaudern des Fabius, weshalb Alexander den Waffengenossen Suwaroffs Kutusoff zum Oberanführer ernannte, der als Eingeborner dem Volke näher stand und durch seine Anhänglichkeit an die religiösen Gebräuche und die altrussischen Sitten und Gewohnheiten bei dem gemeinen Russen sehr beliebt war. Nun gestaltete sich der Kampf zu einem Nationalkrieg. Ueberall flohen die Einwohner vor dem anrückenden Feinde, nachdem sie zuvor ihre Wohnungen und Dörfer in Brand gesteckt und rings- um Alles verwüstet hatten. Schrecklich verminderten sich die Schaaren der großen Armee durch Hunger, Krankheit und feindliche Angriffe. — Die hei- lige Stadt Moskau durfte Kutusoff nicht in die Hände der Franzosen fallen lassen, wenn er nicht alle Volksliebe verlieren wollte. Darum machte er Halt und führte dadurch die mörderische Schlacht von Borodino an der Moskwa herbei, in der zwar die Franzosen die Wahlstatt behaupteten, aber die Russen in Ordnung abziehen lassen mußten. Ueber 70,000 Leichen deck- ten das Schlachtfeld; Ney („Fürst von der Moskwa") war der Held des Tages. Am 14. Sept. zogen die Franzosen in die mit zahllosen Thürmen und vergoldeten Kuppeln versehene alte Hauptstadt Moskau ein, die aber vorher von dem Adel und der wohlhabenden Bürgerschaft verlassen worden, so daß die meisten Häuser leer standen und der Pöbel im Besitz der Stadt war. Schon beim Einzug überfiel ein unheimliches Grauen die Soldaten, als sie in den Straßen blos einiges Gesindel herumschleichen sahen, aber wer schildert ihr Entsetzen, als der viertägige Brand von Moskau, der bei dem Abgang aller Löschanstalten bald zu einem Flammenmeer sich gestaltete, neun Zehntel der aus Holz gebauten Stadt, nebst der alten Zarenburg (Kreml), die sich Napoleon als Wohnstätte ausersehen, in Asche legte, und mit einem Schlag alle ihre Hoffnungen zu nichte machte? Der Statthalter von Moskau, Rostopschin, hatte ohne des Kaisers Befehl diese entsetz- liche That angeordnet, um der großen Armee die Winterquartiere zu rauben und sie zu einem verderblichen Rückzug zu zwingen. — Aller Zucht und Ord- nung vergessend stürzten sich die Soldaten in die brennenden Häuser, um ihre Raublust und Leidenschaft zu befriedigen. § 766. Rückzug der großen Armee. Aus Allem ging hervor, daß die Russen einen Vernichtungskrieg führten, und dennoch ließ sich Na- poleon, in unbegreiflicher Verblendung, durch die arglistig unterhaltenehoff- nung eines Friedens zu einem Aufenthalte von 34 Tagen in Moskau verlei- ten, ohne begreifen zu wollen, daß Kutusoff ihn bis zum Eintritt des Win-

3. Bd. 2 - S. 425

1854 - Leipzig : Engelmann
425 Das französische Kaiserreich. ters hinzuhalten suche, damit die Kalte die schlecht gekleideten und am Noth- dürftigften Mangel leidenden Soldaten auf dem Heimweg vernichte. Er erreichte seinen Zweck. Ende October wurde der verhängnißvolle Rückzug angetreten, der in der Geschichte der Kriegsleiden seines Gleichen nicht hat. Der anfängliche Plan, gen Kaluga zu ziehen, wurde nach der entsetzlichen Schlacht von Malo-Jaroslavetz aufgegeben, und der Weg über das 24- mit Leichen und Blut bedeckte Schlachtfeld von Borodino nach Smolensk eingeschlagen. Im November stieg die Kälte bereits auf 18 Grad und er- reichte später 27. Wer vermochte alle Leiden, Kämpfe und Mühseligkeiten zu schildern, durch welche die großearmee in dem strengen Winter allmählich aufgerieben wurde? Hunger, Frost und Ermattung richteten größere Ver- heerungen an als die Kugeln der Russen und die Lanzen der Kosaken. Es war ein Anblick zum Entsetzen, Tausende von verhungerten oder erfrornen Kriegern an der Heerstraße und auf den öden, grausigen, mit Schnee und Glatteis überdeckten Steppen, abwechselnd mit gefallenen Pferden, wegge- worfenen Waffen und Trümmern aller Art und den reichsten, nun zur Last gewordenen Beutestücken liegen zu sehen! — Kutusoff, der in einer Procla- mation den Brand von Moskau den Franzosen zuschrieb, um das Volk noch mehr zum Haß gegen dieselben zu entstammen, wich mit seinen durch Pelz- mantel wider Sturm und Kälte geschützten Truppen den Feinden nicht von der Seite und zwang sie jeden Schritt zu erkämpfen. Als um die Mitte No- vembers Smolensk erreicht wurde, zählte das Heer noch etwa 40,000 streit- bare Soldaten; über 30,000 wehrlose Nachzügler folgten ohne Zucht, Ord- nung und Führung den Spuren der Vorangegangenen, ein Bild des Jam- mers und Entfetzens. Und doch begann das größte Elend erst hier, weil durch fehlerhafte Anordnung die erwartete Zufuhr von Waffen, Kleidern und Lebensmitteln sich in Smolensk nicht vorfand und die durch neue Truppen verstärkten Russen den Ziehenden überall den Weg verlegten. Die größten Heldenthaten, die unter Napoleons Augen von Eugen, Davouft, Mürat, Oudinot, Victor u. A. vollführt wurden, hatten keinen weitern Erfolg, als daß sie den Untergang des ganzen Heeres um wenige Tage hinausschoben. Der Held des Rückzugs war Ney, der Führer der Nachhut, „der Tapferste der Tapfern." Sein Uebergang über den gefrornen, aber an beiden Ufern aufgethauten und von den Russen bewachten Dnepr zur Nachtzeit war eine der kühnsten Waffenthaten, deren die Weltgeschichte gedenkt. Freilich konnte er von 6000 Mann nur 2000 zu dem Heere führen, das unterdessen bei Krasnoi den Feind zurückgeschlagen und sich den Weg zur B er esin a frei gemacht hatte. An diesen ewig denkwürdigen Fluß gelangte das Heer am 25. November. Im Angesicht der feindlichen Armee wurden zwei Brücken geschlagen, und der kleine Rest, der sich noch in Reih' und Glied bewegte, unter unzähligen Gefahren hinübergeführt, aber gegen 18,000 Nachzügler, die nicht zeitig genug ankamen, sielen in die Hände der Feinde und mit ihnen

4. Bd. 2 - S. 636

1854 - Leipzig : Engelmann
636 Die jüngsten Revolutionsstürme. Schrittweise mußten die Truppen die Stadt erobern; von den Dächern und aus den Fenstern der Hauser unterhielten die Scharfschützen der Aufständischen ein ununterbrochenes Gewehrfeuer und die Barrikaden boten durch ihre wunderbare Festigkeit einen sichern Schutz und Hinterhalt. Endlich siegte die Tapferkeit und überlegene Kriegskunst des preußischen Militärs über die ungeordneten, schlecht geleiteten Freischaaren; als die Truppen, vom Dunkel der Nacht begünstigt, am 9. Mai den Postplatz und die große Barrikade am Eingang des Altmarktes erstürmt hatten, minderte sich allmählich der Widerstand. Gegen 4 Uhr Morgens begann die Flucht der Freischaaren; dreimal drei Schläge von der Krcuzkirche gaben das Signal zum Abzug. In Kurzem waren die Straßen geöffnet und die Stadt in der Gewalt des Militärs. Ein über Dresden und die Umgegend verhängter Be- lagerungszustand mit Kriegsgerichten und Ausnahmsgesetzen erleichterte der Ne- gierung die Wiederherstellung der Ruhe und die Unterdrückung des Demokratis- mus. Die Kerker füllten sich mit Verhafteten; einige der Schuldigsten, darunter Tzschirner, entkamen durch die Flucht, andere, wie Heubner und der Russe B akunin, einer der thätigsten Förderer des Aufstandes, sielen der strengen Strafgerechtigkeit anheim. tz. 880. Das letzte Ringen der Frankfurter R e ich s v ersa mm- lung. Die errsten dunkeln Gerüchte von den Vorgängen in Sachsen trafen die Frankfurter Nationalversammlung bei der aufgeregten Berathung über den An- 7. Mai. trag der Linken, daß das Militär der zur Reichsverfassung haltenden Staaten auf diese Verfassung vereidigt werde. Das Reichsministerium bekämpfte diesen Vorschlag, der Zwiespalt in dem Reichsheer erzeugen und in der Brust des Sol- daten Zweifel und Verwirrung Hervorrufen würde, mit Entschiedenheit. Die Nachrichten von dem Einrücken der Preußen in Sachsen steigerten die Aufregung in der Versammlung und brachten die Reichsminister und die Fürsprecher fried- licher und gesetzlicher Mittel in eine schlimme Lage gegenüber der Linken, die zum entschiedenen Handeln drängte. „Ihr habt das Volk zur Empörung aufgefordert," riefen sie, „und wollt ihm die Waffen verweigern!" und „die provisorische Regie- rung in Dresden hat sich unter den Schutz der Nationalversammlung gestellt, nun schützt sie auch!" Die Ereignisse hatten jetzt die Versammlung an einen Punkt gedrängt, wo die Wege auseinander gingen. Sollte die Versammlung ihr moralisches Gewicht zu Gunsten der Revolution oder der „renitenten Regierungen" gebrauchen? Sollte sie die Fackel des Bürgerkriegs unter Bruderstämme schleu- dern? Vor diesem Gedanken schauderte Gagern zurück; errief: „und wenn die Waffen gezogen würden, ich würde mich im letzten Augenblick noch dazwischen werfen". Als auf der Linken gelacht wurde, hörte man den zürnenden Ausruf: „Buben lachen darüber!" eine Aeußerung, die einen furchtbaren Sturm hcrvor- brachte und dem Redner den Ordnungsruf von Seiten des leitenden Präsidenten Simson zuzog. Dieser Auftritt war der Anfang einer Reihe stürmischer von dem Lärm der Galerien durchtobter Sitzungen voll leidenschaftlicher Heftigkeit. Auch in der bayerischen Pfalz war eine Bewegung „zur Durchführung der Reichsverfassung" ausgebrochcn. Ein Landesausschuß hatte sich gebildet; der bayerischen Regierung war der Gehorsam gekündigt worden; man organisirte eine Volkswehr und traf einleitende Schritte zu einer Lossagung von Bayern. Die Linke verlangte, die Versammlung solle die Erhebung von Sachsen und der Pfalz, die eine Durchführung der Reichsverfassung und folglich die Herstellung des Reichsfriedens gegen die „renitenten Regierungen" bezweckten, aufs kräftigste schützen und stützen; die „Weidenbusch-Partei", zerrissen und uneinig, machte den Versuch, mit der Centralgewalt gemeinschaftlich einen Mittlern Weg zu gehen,

5. Bd. 2 - S. 654

1854 - Leipzig : Engelmann
654 Die jüngsten Revolutionsstürme. die östreichische Regierung an Rußland um Hülfe. An demselben Tage, wo Görgey Ofen erstürmte (21. Mai) war zwischen dem Kaiser von Rußland und dem jun- gen Beherrscher von Oestreich in einer persönlichen Besprechung zu Warschau Ungarns Schicksal beschlossen worden. Der Aufstand hatte eine solche Aus- dehnung gewonnen, daß das geschwächte und verwirrte Kaiserreich denselben allein nicht mehr zu unterdrücken vermochte; ein siegreicher Ausgang der unga- rischen Erhebung hatte Oestreich zu einer Macht zweiten Ranges herabgedrückt, hatte die Partei des Umsturzes in ganz Europa ermuthigt, hatte alle monarchischen Staaten in ihren Grundfesten erschüttert. Die begeisterte Theilnahme der Polen an dem ungarischen Kriege und die laute Freude der polnischen Grenzlander über die siegreichen Waffen der Insurgenten gaben Zeugniß von der hohen Bedeu- tung dieses Kampfes für jene unterdrückten und nach Befreiung seufzenden Völker. Auch die Ruhe des russischen Riesenreichs war bedroht. Wie sollte nicht der Czaar eine Unterstützung gewahren, wodurch die Geschicke der östlichen Lander in seine Hände gelegt wurden? Nicht blos für Oestreich und für die Sicherheit des eigenen Landes, wie ein Manifest des russischen Kaisers verkündete, sondern auch für die künftige Größe und Machtstellung griff daher der Czaar allecreußen zu den Waffen. Gegen Ende Mai waren die Rüstungen so weit beendigt, daß die russischen Heere unter dem Oberkommando des ruhmgekrönten P aski e w itsch über Krakau und Dukla in verschiedenen Abtheilungen die ungarische Grenze überschreiten konnten, wahrend die östrcich. Truppen, durch neue Zuzüge verstärkt, unter dem aus Hessen stammenden Feldmarschall Hayn au ostwärts vorrückten und der Ban Jellachich von Süden her aufs Neue in Ungarn eindrang. So aus allen Seiten von furchtbaren Streitkraften und feindlichen Heerschaaren bedroht, hatten die Magyaren nur die Wahl zwischen Unterwerfung und Verzweiflungskampf. Kos- suth war zu dem letztern entschlossen; er entwickelte daher eine wunderbare Tha- tigkeit, um einen allgemeinen Volkskrieg zu erregen, um die Nation zu den großen Opfern und Leiden anzufcuern, durch die sie allein zu Sieg, Freiheit und Unabhän- gigkeit gelangen könnte. Seine flammenden Worte, womit er die ungarischen Völ- ker zum schonungslosen Guerillakrieg, wie ihn einst die Spanier gegen Napoleons Heere geführt, aufrief, entzündeten in den leidenschaftlichen und kriegerischen Ma- gyaren eine Gluth der Begeisterung und Kampflust. Und wie groß auch die feind- liche Heeresmacht war, kam ein Volkskrieg zu Stande in dem Umfang wie ihn Kossuth beabsichtigte, und wurde er mit allen Waffen ausgeführt, die einem tapfern und zur Verzweiflung getriebenen Volke zu Gebote stehen, so war ein siegreicher Ausgang noch immer möglich. Land und Klima kämpften für die Ungarn; Man- gel an Heerstraßen erschwerte die Verbindung der einzelnen Truppenabtheilungen; traten Regengüsse ein, so wurden die Wege fürmarsche und Fuhrwerk unbrauch- bar ; die Hitze des Tags und die Reiffröste der Nacht erzeugten Krankheiten, und in den Fiebersümpfen der Theißgegenden waren die Beiwachten für die des Kli- mas ungewohnten Russen und Oestreicher tödtlich. Und woher sollten die Hee- resmassen die nöthigen Lebensmittel nehmen, wenn, wie Kossuth gebot, allenthal- den wo sich der Feind zeigte, Feldfrüchte und Vorrathe von den Eingebornen vernichtet wurden? — Die ungarischen Insurgentenheere bestanden nicht wie die deutschen Freicorps aus ungeübten schlecht bewehrten und aller militärischen Zucht ermangelnden Sckaaren, sondern zum Theil aus gedienten Truppen, zum Theil aus militärisch gebildeten Zuzüglern kriegerischer und abgehärteter Völkerschaften unter waffenkundigen Anführern und mit Geschütz und Kriegsgerath aufs Beste versehen. — Der Anfang des erneuten Kampfes war für die durch zahlreiche russische Armeecorps verstärkten östreichischen Truppen, bei denen sich der jugend-

6. Bd. 2 - S. 1077

1883 - Leipzig : Engelmann
§. 1219. Das große Jahr 1870 auf 1871. 1077 Kampfes gewesen, das richtige Urtheil ab: „Die Franzosen sind verloren. Das sind keine Bataillone, das sind Mauern, die mit unwiderstehlicher Macht vordringen. Man sieht gar nicht, daß die Kanonen, Mitrailleusen, Gewehre sie berühren. Jede Lücke schließt sich augenblicklich. Nur hinter den Reihen merkt man, daß sie gelichtet wurden. Jeder Mann, vom ersten bis zum letzten, ist ein Held. Frankreich ist verloren, und um so mehr, je länger der Krieg dauert/' Und dieses Urtheil fand seine volle Bestätigung in einer andern nicht minder glänzenden und nicht minder blutigen Waffenthat, die an demselben Augusttage vollbracht wurde, in der Schlacht bei Saarbrücken und 6. Aug. auf den Spicherer Höhen, wo Die Franzosen nicht nur wie bei Weißenburg und Wörth in höchst günstiger Position standen, sondern auch an Truppenzahl überlegen waren. Das Armeecorps des Generals Froffard hatte Saarbrücken und den auf einer Anhöhe liegenden Exercierplatz des Ortes geräumt und weiter südwärts auf dem waldigen Höhenzug von Spicheren und Forbach eine Position genommen, die sowohl durch die natürliche Lage auf dem steilen, zum Theil waldbedeckten Bergrücken, als durch Ringverschanzungen und aufgeworfene Wälle für uneinnehmbar gelten konnte. Bis in das Thal herab, welches den Saarbrücker Exercierplatz von den mehrere hundert Fuß hinansteigenden Höhen trennt, waren feindliche Batterien in gedeckten Stellungen ausgepflanzt. Mehrere Stunden lang versuchten die preußischen Vortruppen der ersten Armee unter den Generalen Zastrow, Kameke u. a. die Höhen in der Fronte und auf den Seiten zu ersteigen; zwei Angriffe wurden zurückgeworfen und auf den Felsenabhängen und Wällen verblutete manches tapfere Soldatenherz. Aber neue Zuzüge, welche General v. Alvensleben von der zweiten Armee nach dem Gefechtsfelde richtete, woher er den Kanonendonner vernahm, ergänzten nicht nur die gelichteten Reihen, sondern verstärkten auch die Truppenzahl und die Artillerie, so daß General v. Go eben, der nunmehr das Commando übernahm, einen neuen Angriff gegen die mächtigen Positionen des Feindes auszuführen wagte. Stürmend stiegen die heldenmütigen Krieger die steilen Anhöhen empor, bis sie das Plateau erreichten. Aber hier strengten die Franzosen alle Kräfte an, um sich zu behaupten; es erhob sich ein Kampf von furchtbarer Heftigkeit. Erst als es der Artillerie gelang, mit unglaublichen Anstrengungen zwei Batterien aus schmalem Gebirgspfad empor zu schaffen, ein Meisterstück von Bravour unv strategischer Kunst, und auch aus beiden Flügeln neue Truppenteile, die der Kanonendonner herbeigeführt, in den Kamps Eingriffen, wurde der Feind, nachdem seine letzten Anstrengungen an der unerschütterlichen Ruhe und Energie der Preußen gescheitert und seine Kraft wie an einem Felsen zerschellt war, zum Weichen gebracht. Er räumte das Schlachtfeld, und nur der hereinbrechenden Dunkelheit hatte es das Corps Frosfard zu verdanken, daß sein Rückzug nicht in vollständige Flucht ausartete. Aber wie sehr alle Bande der Zucht und Disciplin gelockert waren, bewiesen die in Forbach, in Saargemünd, wo das Hauptmagazin für die Feldarmee angelegt war, und auf allen Wegen erbeuteten Borräthe von Proviant der verschiedensten An, von Monturstücken, Munition und andern Gegenständen, so wie die Menge zersprengter Soldaten, die einzeln oder in Rotten in den Wäldern umherstreiften. Wie bei Weißenburg und Wörth wiederholte sich auch bei Spicheren und Forbach die Erscheinung, „daß die einzelnen Armeekorps sich beeilen dem Kanonendonner entgegen zu marschiren, sich auch ohne besonderen höheren Befehl zum Gefecht aneinander schließen und selbständig in dasselbe gewandt und entschieden eingreifen, während auf französischer Serie selbst positiv ertheilte Befehle eine gegenseitige Unterstützung in den wichtigsten Momenten nicht herbeizuführen vermögen". Nur dieser einsichtsvollen Entschlossenheit und wunderbaren Kriegskunst waren die Erfolge bei Saarbrücken zu verdanken, da es ursprünglich nickt im Kriegsplane gelegen, mit der I. Armee angriffsweise vorzugehen. Sie sollte nur die Saarlinie besetzen und festhalten, bis die U Armee auf gleicher Höhe angelangt fein würde. Es war also ein iwprovisirtes Gefecht, hauptsächlich herbeigeführt durch das Verlangen der deutschen Soldaten, sich möglichst bald mit den feinblichen Waffen zu messen, ©oben und Zastrow führten abwechselnb den Oberbefehl. Steinmetz langte erst cm Abenb auf dem Schlachtfelbe an. Wie verschieben war bagegen die Haltung auf französischer Seite! Marschall Bazaine, der nur brei Stunben vom Schlachtselbe entfernt

7. Bd. 2 - S. 1081

1883 - Leipzig : Engelmann
§. 1221. Das große Jahr 1870 und 1871. 1081 würfe ermöglichte, und durch die wunderbare Tapferkeit, Mannszucht und todesmuthige Ausdauer der deutschen Soldaten unter den Augen des Königs selbst ruhmvoll erreicht worden. Da Prinz Friedrich Karl, welcher die Straße von Metz nach Verdun gewinnen und dadurch die Vereinigung der beiden Marschälle unmöglich machen sollte, selbst mit den anstrengendsten Märschen von Pont-ü-Mouffon aus erst am 16. August seine Vortruppen in jene Linie bringen konnte, so kam Alles darauf an, den beabsichtigten Abzug Bazaine's aus Metz möglichst lange zu verzögern. Zu dem Behuf machten zwei Abtheilungen des u. «ug. Steinmetzschen Heerkörpers, welche von Pange und Courcelles an der Nied heranrückten, unter der Anführung der Generale von der G oltz und Zastrow auf der rechten (öst-licken) Seite der Mosel einen Angriff wider die zum Abzüge sich anschickenden feindlichen Divisionen und zwangen sie in Verbindung mit Manteusfel, Kamecke und andern Führern, die allmählich zu ihrer Unterstützung herbeikamen, zu den Gefechten von C o -lombey-Nouilly, worin auf beiden Seiten mit gleicher Tapferkeit und Hartnäckigkeit und mit gleichen Verlusten gekämpft ward. Das Treffen, in welchem die Deutschen ihre Gegner aus den trefflich vorbereiteten Stellungen drängten und sie von Abschnitten zu Abschnitten zurückwarfen, hatte zunächst keine anderen Folgen, als daß die Preußen sich auf dem Schlachtfelde festsetzten und von Osten her sich den Festungswerken mehr näherten; um so größer aber waren die Nachtheile für die Franzosen, so sehr sie auch mit Stolz die bewiesene Bravour ihrer Soldaten rühmen durften, indem dadurch der Abzug Bazaine's auf der Straße von Verdun um zwei Tage verzögert ward. Nach militärischem Urtheil hat Bazaine einen großen Fehler begangen: Entweder mußte er das Treffen nicht annehmen und gedeckt durch die Metzer Festungswerke den beschlossenen Rückzug ausführen; oder er mußte feine ganze Streitmacht nach Osten richten und dadurch die Gegend zwischen Metz und Diedenhosen zum Schlachtgefilde machen. Am folgenden Tag, es war der Napoleonstag, der feit dem Bestehen des Kaiser- is. «ug. reichs stets mit dem größten demonstrativen Prunk gefeiert wurde, der in den Hofkreisen als der Einzugstag für Berlin in Aussicht genommen war, brachen die Franzosen in ihrer ganzen Stärke von Metz auf, um auf den beiden südlichsten Straßen theils über Rezon-ville, Vionville und Mars la Tour, theils über Doncourt, Jarny und Etain gegen Verbun zu marschiren. Wie sich später herausstellte, befand sich Napoleon mit feinem Sohne bei dem Zug und übernachtete in Gravelotte, dann verließ er aber das Heer und gelangte auf einem Umweg mit kleinem Gefolge und in sieter Gefahr, von Ulanen aufgefangen zu werben, über Etain nach Verbun und von ba nach Chalons. Allein Bazaine tonnte sich nicht so schnell bewegen, daß ihn nicht die Vortruppen der zweiten Armee, nachdem sie bei Pont-L-Mousson und an verschobenen andern Punkten den hochangeschwollenen Fluß überschritten, nach einem Gewaltmarsch über das hügelige Mosellanb am Abenb bei Tronville, Mars la Tour und Vionville erreicht hätten. Da man deutscherseits entschlossen war, mit Aufbietung aller Kräfte die französische Armee zwischen den beiden Flüssen Mosel und Maas zum Stehen und dann zur Entscheidungsschlacht zu zwingen, so mußten diese Vortruppen, trotz der Ermüdung am andern Morgen der Tagesanbruch ins Feld rücken. Ihnen fiel also die schwierige Aufgabe zu, die feindliche is. Aug. Uebemacht so lange aufzuhalten, bis andere Theile der zweiten Armee und diejenigen Corps der ersten, die man nicht zur Bewachung der Ostseite von Metz nöthig hatte, herbeikommen konnten. Und diese Aufgabe haben die tapfern Kriegsmänner (es war hauptsächlich das dritte Armeecorps, Brandenburger Infanterie unter General A l v e n s -leben, eine Abtheilung des zehnten Armeecorps (Voigts-Rhetz) und zwei Cavallene-Divisionen) mit der heldenmütigsten Ausbauet und bet bewunderungswürdigsten Bra» vour gelöst. Fast sechs Stunden lang standen sie allein dem auf dem Höhenzug von Tronville bis Rezonville aufgestellten übermächtigen Feinde todesmnthig gegenüber und behaupteten das Feld, bis Hülfe kam. Es waren blutige Lorbeeren, welche hier unter den Divisionsgenetalen Ktaatz, Schwarzkoppen, Stülpnagel, Buddenbtock u.a. errungen wurden. Die Reiterschwadronen, die Angesichts der französischen Batterien m die feindlichen Reihen einbrachen, sanken unter den Feuerschlünden zusammen, wie Kornähren unter der mähenden Sichel; einige Cavalletie-Regimenter der Garde wurdenfast ganz vernichtet im ungleichen Kampf; aber heldenmütig trugen alle das kühne Mann x-

8. Bd. 2 - S. 1083

1883 - Leipzig : Engelmann
§. 1222. Das große Jahr 1870 auf 1871. 1083 dahinter und darüber eine fortlaufende Reihe dichter, zum Theil auf steilem Abhange liegender Wälder, und vor demselben ein Bach, der den Zugang von unten erschwert. Auf diesem Höhenkamm war die französische Armee mit 500 Geschützen und 150 Mi-trailleusen ausgestellt, geschützt durch Schanzen, Verhaue, Gräben und die zur Vertheidigung sorgfältig hergerichteten Gehöfte und Oertlichkeiten. Vor der Hauptstellung waren die Dörfer St. Marie aux Chlnes, St. Ail, Habonville und Verneville u. a. als erste Linie von Avantgarden stark besetzt. Die berühmtesten Feldherren Canrobert, Ladmirault, Le Boeus, Frofsard, befehligten die einzelnen Armeecorps. Ein preußischer General gibt von der Schlacht bei Gravelotte, in welcher König Wilhelm selbst den ’s- Aug Oberbefehl führte und die mit der Einnahme dieser Stellungen und mit dem Rückzug 1870 der Franzosen hinter die Festungswerke von Metz endigte, folgenden Bericht: „Der König formirte für den bevorstehenden Kamps seine Schlachtlinie vom rechten Flügel ab gerechnet aus dem 7., 8., 9. Garde- und dem 12. Corps, denen das 3. und 10., die beide am 16. stark gelitten hatten, als Reserve folgen sollten. Der Gesechtsdispofition nach sollte die ganze Armee eine Rechtsschwenkung machen, den rechten Flügel des Feindes umfassen und ihn so nach Metz hineinwerfen. Zu dem Ende war den beiden ganz frischen Armee-Lorps der Garde und dem 12. die schwerste Aufgabe, die Ueberflügelung und eigentliche Entscheidung des Kampfes zugedacht, und da sie aus der Gegend von Mars la Tour bis an den Feind einen Marsch von fast vier «Stunden Weges hatten, war befohlen, daß der rechte Flügel und ' die Mitte sich bis zu deren Eingreifen ins Gefecht nur auf vorbereitendes Artillerie-Feuer beschränken sollten. Es ist ein schönes Zeugniß ihrer Manövrirfähigkeit, das sich die deutsche Armee an diesem Tage erworben hat, daß sie diese großartige Schwenkung ohne irgend welche Stockung, ohne auseinander zu kommen und in der kurzen Zeit von nicht ganz vier Stunden ausführte und gegen Mittag auf der ganzen Linie gleichzeitig zum Angriff vorgehen konnte. — Gegen zwölf Uhr entbrannte an der französischen Borlinie überall der Kampf, gegen zwei Uhr war sie überall in deutschen Händen und begann der Angriff der Hauptlinie in ihrer ganzen Ausdehnung." Bier Stunden lang rangen die Heerkörper mit einander, ohne daß ein wesentliches Resultat erzielt worden wäre. Die Franzosen hielten Stand und starben; die Preußen stürmten vorwärts und starben, beide zu Hunderten, fast zu Tausenden. Das 7. und 8. Corps, denen das Terrain besonders ungünstig war, waren nahezu erschöpft, das 9. behauptete sich mühsam und unter großen Verlusten vorwärts Verneville, die Garde war in einem Angriff auf St. Privat mit ungeheuern Opfern abgewiesen, nur das 12. (sächsische) Corps, unter dem Kronprinzen Albert, das den weitesten Weg hatte, war noch frisch. Nach fünf Uhr hatte dies letztere endlich die Gegend von Roncourt erreicht und konnte vorerst mit feiner Artillerie umfassend St. Privat beschießen. Aber erst am späten Abend zwischen halb acht und halb neun Uhr wurde dies Bollwerk des rechten Flügels der Franzosen durch vereinten Angriff des Garde-Corps und des 12. Armee-Corps erobert. Stundenlang hatten bei St. Privat die Garbe» 2nfanterie»Regimenter den heldenmüthigsten Kampf bestanden gegen einen Feind, der an Zahl, Geschütz und Aufstellung im Vortheil war. „Ein überaus heftiges und rasantes Feuer", heißt es in einer andern Darstellung, „aus Geschützen, Mitraiüeufen und Chassepots wurde den vor-rückenben drei Gatde-Jnfantetie-Brigaben entgegengefchleubert und führte gleich anfangs große Verluste herbei, die sich mit jebem Schritte vorwärts auf bet mit Geschossen aller Art überschütteten Tobesbahn steigerten. Aber unaufhaltsam brangen die tapfern, schwer getroffenen Garbe-Regimenter mit stolzer Tobesverachtung vor. Sämmtliche Generale, Stabsoffiziere und Abjutanten waren zu Pferbe geblieben, um das Gefecht besser leiten zu können; aber in kurzer Zeit würde ihnen fast sämmtlich das Pf erb unter dem Leibe erschossen und viele von ihnen, barunter Oberst von Röber, Major von Rotz und der sächsische General von Craushaar, starben den Helbentob. Ueber das mit Blut getränkte Felb, über Leichen und verwunbete Kameraben hinweg, stürmten die Garben immer weiter vorwärts in den bichten Kugelregen hinein, von dem Wunsche beseelt, schnell an den Feind zu kommen und entweber zu siegen ober zu sterben." In dem brennenben St. Privat mußte Haus um Haus erstürmt werben. Mittlerweile hatten mit gleichet Anstrengung hessen-barmstäbtische und preußische Regimenter einen kühnen Vorstoß gegen die in Amaiyoillers eingenisteten französischen Tirail-leurs ausgeführt. Fast gleichzeitig entschieb sich auch auf dem anbetn Flügel der Sieg für die

9. Bd. 2 - S. 1085

1883 - Leipzig : Engelmann
§. 1223. Das große Jahr 1870 auf 1871. 1085 und die Verbindung mit der am rechten Moselufer stehengebliebenen Armee gesucht. In dem Augenblick, wo wir dies schreiben, dürfte der Kreis nach dieser Seite wahrscheinlich bereits geschlossen sein. Die Armee des Prinzen Friedrich Karl hat aber nicht nur die Bewegung vollführt, die sie schließlich in eine Stellung am linken, gerade gegenüber der innegehabten Stellung am rechten Moselufer bringt, sie hat in derselben Stellung auch drei Tage mit weittragendem Erfolg gekämpft, die französische Armee nach Metz zurückgeworfen und von der Rück-zugsliuie nach Chalons abgeschnitten. Wenn wir auch vou blutigen Kämpfen, großen Verlusten der deutschen Armee und selbst partiellen tactischen Erfolgen von Seiten der Franzosen gehört haben, so haben wir doch nichts vernommen von einer Bedrohung des Rückens der deutschen Armee, von Gefährdung ihrer linken Flanke (die rechte ist durch den Kronprinzen gedeckt). — Fälle, die bei der exponirten erstaunlich kühnen Stellung der Armee des Prinzen Friedrich Karl wohl leicht denkbar wären. Daß nichts davon eingetreten, beweist nur, mit welcher Sicherheit jene Kreisbewegung vollführt worden ist, und wie richtig berechnet der Zeitpunkt war, in welchem das Corps des Generals Alvensleben auf die große Straße von Metz nach Verdun debouchirte. Zwölf Stunden später — und die ganze Bewegung wäre unmöglich ge. wesen, da ein Theil der Armee Bazaine's bereits in oder bei Verdun eingetroffen, und der preußischen Armee, wenn diese dennoch den Rest des französischen Heers hätte angreifen wollen, leicht in den Rücken gekommen wäre. Mit Bezug hierauf sagte schon Marschall Radetzky das richtige Wort: daß die tapferste Truppe das Schießen im Rücken nicht vertrage. Wir stehen keinen Augenblick an, die Bewegungen der deutschen Armee an der Mosellinie und um Metz als eine jener Operationen zu bezeichnen, bei welchen die Genialität und Kühnheit der ursprünglichen Conception nur durch die makellose Durchführung derselben übertroffen wird. Wenn die Völker, wie es leider allen Anschein hat, auch noch im kommenden Jahrhundert Heerführer bedürfen werden, so werden sich diese am Studium des Feldzugs von 1870 bilden, und den Namen des großen Strategen Moltfe mit Ehren nennen." — „Der Tag nach der Schlacht war ein ernster, trauriger Tag. Von zwei Uhr Nachmittags an bis spät in die Nacht hinein wurden die gefallenen Helden beerdigt. Die Regimentsmusiken spielten den alten schönen Choral „Jesus meinezuversicht". In dem weiten Kreise, der durch die Kameraden der zu Begrabenden gebildet war, standen die Offiziere des Regiments und des Stabs. Unendlich ergreifend waren die stillen bittern Thränen, die langsam über die sonnverbrannten Wangen der kriegerischen starken Männer herabrollten. Nein, niemand der ruhig zu Hause sitzt, und der den großen Kamps, den wir jetzt kämpfen, nur aus Berichten von blutigen Schlachten, von theuer erkauften Siegen kennt, kann sich einen Begriff von der furchtbaren Geißel des Kriegs machen: Hab und Gut, Leib und Blut, alles muß vor ihr ver-gehen. Ewige Schande den ruchlosen Frevlern, die sie heraufbeschworen! Gegen neun Uhr Abends wurde die feierliche Todtenmusik Plötzlich durch einen kecken schnellen Marsch unterbrochen. Näher und näher kam das klingende Spiel, und jetzt zogen die Regimenter rasch und leichten Schrittes an uns vorüber. Es waren unsere wackern Kampfgenossen, die überall beliebten und gelobten Sachsen. Sie riefen uns einen freundlichen „Guten Abend, Kameraden" zu, der herzlich erwiedert wurde. Bald verklang die Musik in der Ferne, aber nicht lange, denn gleich darauf ertönte es in vollem Männerchor: „Stille Nacht, heilige Nacht", und von der andern Seite: „Lieb Vaterland, kannst ruhig fein". Ja Vaterland, du kannst ruhig fein! So lange in deutschen Auen Männer geboren werden, wie jene treuen Helden, die vor Ste. Marie und St. Privat fochten, bluteten und starben, so lange kann kein Feind, woher er auch kommen möge, dem deutschen Vaterland etwas anhaben!" §. 1223. Die Belagerung von Metz. „Mildem 18. August schließt in diesem Kampfe der Abschnitt der kriegerischen Poesie, der der Prosa beginnt mit feinen langen Tagen und Nächten voll resignirten Ausharrens und ruheloser Wachsamkeit." Bazaine war durch die drei Schlachttage vor Metz hinter die Festungswerke zurückgeworfen worden. Jetzt war den Deutschen die schwierige Aufgabe gestellt, ihn daselbst festzuhalten und seine Kräfte zu binden, ohne jedoch im Uebrigen die kriegerische Action zu unterbrechen. Neben den Waffengängen im Felde mußte zugleich ein Belagerungskrieg geführt werden, in welchem zu den Gefahren des Kampfes und der Ausfälle sich der anstrengende und ermüdende Wachedienst in unbeständigem, oft ungünstigem Herbstwetter und Krankheiten und Seuchen gesellten. Um dieser zwiefachen Aufgabe zu genügen,

10. Bd. 2 - S. 1089

1883 - Leipzig : Engelmann
§. 1225. Das große Jahr 1870 auf 1871. 1089 mehrstündigen furchtbaren Kampfe in Straßen, Häusern und Gärten sich des fast gänzlich niedergebrannten Dorfes Bazeille zu bemächtigen, wobei Marschall Mac Mahon durch einen Granatsplitter so schwer verwundet ward, daß er das Obercommanto abgeben mußte, ein verhängnißvolles Ereigniß, da er Niemand in seine Pläne eingeweiht halte. An seine Stelle trat zuerst der von ihm selbst tum Nachfolger ernannte Ducrot, dann der kürzlich aus Afrika herübergekommene ältere General Wimpffen, ein Mann von anerkannter Tapferkeit und kalter Berechnung. Dieser verwarf die von Ducrot angeordnete Rückzugsbewegung nach Zlly, als entmutigend für die französische Armee und ging zum Angriff über; als aber das preußisch-sächsische Heer den nordöstlichen Höhenzug von Villers-Cernah, Daigny, Givonne nach den heftigsten Anstrengungen in seine Gewalt brachte und den Bayern, die bei und in Bazeille mit den von den wuthentbrannten Einwohnern unterstützten französischen Marinesoldaten einen Vernichtungskampf führten, die Hand reichte, so daß diese trotz des furchtbaren Geschützfeuers der Franzosen die wichtige Position auf den Höhen von La Moncelle und Schloß Monvills in Besitz nehmen und mit gemeinschaftlicher Anstrengung den Feind aus der festen Stellung von Balan vertreiben konnten, da neigte sich das Schlachtenglück auf die deutsche Seite. Im Nordwesten der Stadt besetzten norddeutsche Truppen die Ausgänge von St. Menges und Fleigneux und richteten ein furchtbares Artilleriefeuer aus die gegenüberstehenden französischen Heerabtheilungen, welche schon um Mittag dergestalt eingeschnürt waren, daß nur noch zwei dürftige Auswege nach Süden und nach Norden ofsen standen, um entweder zwischen Givonne und Fleigneux die belgische Grenze zu erreichen oder von der Vorstadt Torcy aus über Vouziers nach Rheims sich durchzuschlagen. Aber General Wimpffen trug Bedenken, einen dieser äußersten Auswege, die allerdings nur mit den größten Verlusten möglicher Weise gelingen konnten, mit rascher Entschlossenheit zu ergreifen. Bald war auch die Oesfnung bei Illy durch das preußische Gardecorps geschlossen und nun wurde von allen Seiten ein mörderisches Artilleriefeuer gegen die Franzosen gerichtet, so daß sie nach verletzten energischen Anstrengung beifloing, wo General von Gersdorff vom elften Armeecorps und der französische Reitergeneral M arg ueritte auf den Tod verwundet wurden, alle Versuche eines Vordringens aufgaben und am Nachmittag den Rückzug nach Sedan antraten. In dieser kleinen Stadt war am Abend die ganze Armee Mac Mähens zusammengedrängt und es herrschte in den Straßen und Häusern eine beispiellose Unordnung und Verwirrung, die noch erhöht ward, als die deutschen Truppen von den umgebenden Höhen herab die Festung zu beschießen begannen und an mehreren Orten der Stadt Feuer ausbrach Um das Elend nicht noch zu vergrößern, ertheilte daher Kaiser Napoleon dem General Wimpffen den Befehl, zu capituliren. Er gehorchte mit innerem Widerstreben, aber durch die Nothwendigkeit gezwungen. Schon wehte die Parlamentärflagge am Thore von Seean, als der Oberst Bronsart von Schellendorff aus Frenois eintraf, um im Namen des Königs von Preußen Armee und Festung zur Uebergabe aufzufordern. Bald kehrte er in das Hauptquartier zurück, begleitet von dem französischen General Reille, welcher dem König ein Schreiben Napoleons überreichte des Inhalts: „Da ich nicht in der Mitte meiner Armee sterben konnte, so lege ich meinen Degen in die Hände Eurer Majestät". König Wilhelm nahm das Anerbieten an mit dem Ausdruck der Theilnahme über das schwere Geschick des Kaisers und der französischen Armee, die sich unter seinen Augen so tapfer geschlagen. Uebrigens ergab sich Napoleon nur für seine Person, da er den Oberbefehl nicht führte und Alles der Regentschaft in Paris anheim gegeben hatte. Die Abschließung des Capitulationsvertrages blieb dem Höchstcommandirenden Wimpffen überlassen, der i zu dem Zweck sich in Begleitung des Generals Castelnau nach Donchery begab, um mit ' Moltke und Bismarck in Verhandlungen zu treten. Sie dauerten die ganze Nacht hin-i turch; aber wie sehr auch der französische Feldherr sich bemühte, eine Milderung der I bitteren Nothwendigkeit zu erlangen; an der ehernen Brust der preußischen Generale i scheiterten seine Versuche: Moltke ging von der Bedingung der Waffenstreckung und der [ Uebergabe der ganzen Armee auf Gnade und Ungnade nicht ab; er gewährte eine kurze l Bedenkzeit, sei diese erfolglos verflossen, so werde die Beschießung der Stadt von Neuem I beginnen. Und nun wurde um 6 Uhr Morgens, nachdem Wimpffen die französischen Sbtbnv Geschickte. Ii. 68
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